Arzthaftung wegen Behandlungsfehler 

Schmerzensgeld / Schadensersatz

Wie auch bei den anderen freien Berufen ( z. B. Architekten, Steuerberater, Rechtsanwälte) haften die Ärzte gegenüber ihren Auftraggebern (Patienten) für Schäden, die bei ihrer Berufsausübung entstanden sind, soweit dem Arzt schuldhaftes Verhalten vorgeworfen und nachgewiesen werden kann. Auch hier ist der Arzt aufgrund der Berufsordnung der jeweiligen Landesärztekammer verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen.

I. Anspruchsgrundlagen
Im Zivilrecht wird differenziert zwischen dem sog. deliktischen Schadensersatz gemäß
§ 823 Abs. 1 BGB, welcher auch im Bereich der Arzthaftung das wichtige Schmerzensgeld umfasst (§ 823 i.v.m. § 253 Abs. 2 BGB) und dem Schadensersatz/Schmerzensgeldanspruch, der sich aus vertraglicher Haftung ergibt ((§ 611 analog i.V.m. § 280 BGB)
In der Regel wird mit dem Arzt auch ohne Unterzeichnung eines schriftlichen Vertrages infolge der Durchführung der Behandlung stillschweigend (konkludent) der Behandlungsvertrag geschlossen.
Im Gegensatz zum Werkvertrag des Architekten oder des Handwerkers schuldet der Arzt keinen Erfolg, sondern die fachgerechte Behandlung (lege artis)
Aus dem Behandlungsvertrag, den Arzt und Patient in der Regel durch schlüssiges Verhalten (konkludent) abschließen, schuldet der Arzt die fachgerechte Behandlung mit dem Ziel zur Heilung oder Linderung der Beschwerden.
Soweit der Arzt innerhalb dieses Vertrages obliegende Pflichten verletzt, kann der Patient Schadensersatz oder Schmerzensgeld verlangen (§ 611 analog i.V.m. § 280 BGB). Wenn der Arzt vorsätzlich oder fahrlässig die Gesundheit des Patienten schädigt, steht dem Patienten daneben ein Anspruch aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 BGB (deliktische Haftung) zu.

II. Art der ärztlichen Pflichtverletzungen
Es haftet der Arzt gegenüber seinem Patienten, wenn er schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) gemessen an objektivierbare Sorgfalts- und Handlungsmaßstäbe etwas falsch gemacht hat . Hierbei kommen insbesondere Behandlungsfehler, eine mangelnde Aufklärung oder die mangelnde Dokumentation in Betracht.

1. Behandlungsfehler
Es schuldet der Arzt seinem Patienten eine fachgerechte Behandlung. Sie muss mit der berufstypischen Sorgfalt ausgeführt werden. Als möglicher Vergleichsmaßstab wird hier zur Bemessung des Standards die fachgerechte Behandlung zugrunde gelegt, die ein Facharzt gewährleisten kann.

Vereinfacht ausgedrückt liegt ein Behandlungsfehler dann vor, wenn der Arzt diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die von einem pflichtbewussten Arzt in der konkreten Situation zu erwarten gewesen wäre.

a. Einfacher Behandlungsfehler
Ein einfacher Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Arzt im Rahmen seiner Tätigkeit die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft unter den jeweiligen konkreten Umständen des Einzelfalls objektiv gebotenen Maßnahmen nicht dem Standard und den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend ausgeführt hat. Hier muss bei der Bestimmung des einfachen Behandlungsfehlers ausgelotet werden, was der Arzt in der konkreten Situation auf der Grundlage seiner Kompetenzen hätte tun müssen, um die Behandlung durchzuführen.

b. Grober Behandlungsfehler
Ein grober Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Arzt gegen elementare Berufsregeln oder medizinische Erkenntnisse verstoßen hat. Hier handelt es sich um Fälle, in welche der Arzt grob falsch gehandelt hat und der Fehler in der Regel -zumindest für Fachleute- offensichtlich ist. Es wirkt sich diese Unterscheidung im Rahmen der Beweislastverteilung aus.
2. Ärztliche Aufklärungspflicht
Die ärztliche Aufklärungspflicht ist deshalb von so entscheidender Bedeutung, da die ärztliche Tätigkeit eine strafbewehrte Körperverletzung gemäß § 223 StGB darstellen kann. Insoweit würde eine Operation eine strafbewehrte Körperverletzung darstellen, wenn gar keine oder keine wirksame Einwilligung vorliegt.
Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung des Patienten ist, dass der Arzt ihn zuvor
ordnungsgemäß und rechtzeitig aufgeklärt hat. Durch die Aufklärung soll dem Patienten ermöglicht werden, dass er eine selbstbestimmte Entscheidung trifft. Er weiß, dass z. B. eine Operation mit nachteiligen Risiken verbunden ist.
Wenn über das eingetretene Risiko nicht aufgeklärt wurde oder die Folgen des eingetretenen Risikos nicht genügend beschrieben wurden, kann dies einen Schadenersatzanspruch begründen.
Es kann die fehlende Aufklärung ausnahmsweise durch das Mittel der hyothetischen Einwilligung überwunden werden, wenn der Patient (gesundheitlich) nicht in der Lage war, sich zu entscheiden (z.B. Bewusstlosigkeit).

3. Übernahmeverschulden und Organisationsverschulden
Das Übernahmeverschulden betrifft die Fallgruppe, wenn ein Arzt oder die Klinik trotz unzureichender fachlicher Qualifikation bzw. unzureichender technischer Ausstattung eine Behandlung übernimmt und die fehlende Fähigkeit, eine ordnungsgemäße Behandlung durchzuführen, vorhersehbar war.

Auch ein organisatorisches Fehlverhalten kann einen schuldhaften Behandlungsfehler nach sich ziehen. Hierbei muss die Organisation der Abläufe den jeweils typischen Aufgaben und Gefahren entsprechen. Von einem pflichtwidrigen Verhalten des Krankenhauspersonals kann nach der Rechtsprechung unter Umständen bereits dann ausgegangen werden, wenn feststeht, dass der Patient im Organisationsbereich des Krankenhauses zu Schaden gekommen ist. Hier ist auch an den Bereich der immer häufiger auftretenden Krankenhausinfektionen zu denken. Denn das Krankenhaus ist verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen zu treffen.

4. Mangelnde Dokumentation

Es ist der Arzt aufgrund des zivilrechtlichen Behandlungsvertrag verpflichtet, die Behandlung ordnungsgemäß zu dokumentieren. Die Verletzung dieser Pflicht hat zugunsten des Patienten die gesetzliche Vermutung zur Folge, dass die nicht aufgezeichnete Maßnahme auch nicht erfolgt ist. Insoweit hat dann der Arzt die Beweislast dafür, dass er trotz fehlender Dokumentation die richtige Behandlung vorgenommen hat.

5. Beweislastverteilung
Im Zivilprozessträgt grundsätzlich der Anspruchsteller die Beweislast. Also hat er die seinen Anspruch begründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen.
Dies bedeutet für den Arzthaftungsprozess, dass der Patient beweisen muss, dass ein Behandlungsfehler vorliegt, den der Arzt zu verantworten hat. Auch muss der Patient beweisen, dass dieser Fehler ursächlich für ein beim Patienten erlittenen Schaden ist
Es kommt jedoch bei einem groben Behandlungsfehler zu einer Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten. Nun muss der Arzt darlegen und beweisen, dass der eingetretene Schaden nicht auf seiner fehlerhaften Behandlung beruht.
Auch kommt es bei einer lückenhaften Dokumentation der Behandlung durch den Arzt zu einer Beweiserleichterung zugunsten des Patienten kommen. Denn der behandelnde Arzt ist zur ordnungsgemäßen Dokumentation seiner Behandlung verpflichtet. Zeichnet der Arzt eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahmen und ihr Ergebnis nicht auf, so wird gesetzlich vermutet, dass er diese Maßnahme nicht durchgeführt hat. Zu seiner Entlastung müsste der betroffene Arzt beweisen, dass er die Maßnahme tatsächlich durchgeführt hat.

Schließlich trägt in den Fällen, in denen aus einem Aufklärungsversäumnis des Arztes Schadenersatzansprüche hergeleitet werden, der Arzt die Darlegungs- und Beweislast für die ordnungsgemäße Aufklärung. Entsprechend trägt der Patient dann die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Schaden, für den Ersatz verlangt wird, durch den eigenmächtigen Eingriff des Arztes verursacht worden ist und nicht auf eine andere Ursache zurückgeht.
6. Schlichtungsverfahren / Gerichtsverfahren
Das Schlichtungsverfahren bei den Schlichtungsstellen der Ärztekammern hat den Vorteil, dass bereits außergerichtlich eine Streitbeilegung erfolgen kann. Denn es wird die Entscheidung der Schlichtungsstelle von den Haftpflichtversicherern der Ärzte meistens anerkannt.
Zur Klärung der Frage, ob dem Arzt überhaupt ein Behandlungsfehler vorgeworfen werden kann, ist die Durchführung eines Schlichtungsverfahren oft sinnvoll, da dies im Rahmen eines Gutachtens geprüft wird.
Für Patienten ist das Schlichtungsverfahren kostenfrei, so dass sie lediglich die Kosten für den von Ihnen beauftragten Rechtsanwalt tragen.
Gegen das Schlichtungsverfahren spricht insbesondere, dass man bei Nichterfolg Zeit verloren hat (mindestens 10- 12 Monate).
Ob man direkt in das Klageverfahren geht oder zunächst das Schlichtungsverfahren durchführt, ist im Einzelfall auch unter Abwägung der Kostenrisiken zu entscheiden und ob eine Rechtsschutzversicherung besteht, die die Kosten übernimmt.