BAG: Betriebsrat kann Einsichtnahme in ungeschwärzte Entgeltlisten verlangen
Das Bundesarbeitsgericht hatte als Beschwerdeinstanz über einen Anspruch auf Einsichtnahme in Entgeltlisten von Arbeitnehmern zu entscheiden. Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus und führt elektronische Listen über die Bruttogehälter ihrer Mitarbeiter. Darin sind Namen, Dienst- und Unterdienstarten, Höhe des Grundgehalts sowie Zulagen vermerkt. Nachdem ein vormals geltender Manteltarifvertrag gekündigt worden war, verlangte der Betriebsrat Einsicht in die Entgeltlisten aller Mitarbeiter, die keine Führungspositionen einnehmen. Die Beklagte stellte ihm eine geschwärzte Version ohne Nennung der Klarnamen zur Verfügung.
Der Betriebsrat war der Ansicht, dass nach § 80 II S. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein Anspruch auf Einsichtnahme in die ungeschwärzte Originalfassung besteht, und erhob Klage vor dem Arbeitsgericht Hamm. Die Beklagte berief sich auf entgegenstehende Belange des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte ihrer Mitarbeiter. Weiterhin sei die anonymisierte Fassung ausreichend, um dem Betriebsrat die Wahrnehmung seiner Aufgaben zu ermöglichen.
Sowohl in erster Instanz als auch im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamm entschieden die Richter zugunsten des Betriebsrates. Das Bundesarbeitsgericht hat nun die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt und die Rechtsbeschwerde der beklagten Arbeitgeberin zurückgewiesen (Beschluss vom 07.05.2019, Az.: 1 ABR 53/17).
Einsichtnahme ist zur Erfüllung betriebsratlicher Aufgaben erforderlich
Das Gericht bejahte einen Anspruch aus § 80 II S. 2 BetrVG, da es zumindest denkbar sei, dass der Betriebsrat zur Erfüllung seiner Aufgaben Einblick in die Originalliste braucht. Denn er müsse im Interesse der Arbeitnehmer kontinuierlich überwachen, ob die geltenden tarifvertraglichen Regelungen eingehalten werden. Nach der Kündigung des früheren Manteltarifvertrages habe der Betriebsrat mögliche Änderungen der Vergütungsgrundsätze kontrollieren wollen. Zur Überprüfung der Lohngerechtigkeit sei die Kenntnis der an die einzelnen Mitarbeiter geleisteten Bruttovergütungen erforderlich gewesen.
Einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Datenschutzrechts schloss das Gericht aus. Es handele sich zwar um eine Datenverarbeitung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), die jedoch nach § 26 I S. 1 BDSG zulässig sei. Denn der bestehende Anspruch aus § 80 II S. 2 BetrVG begründe die nötige „datenschutzrechtliche Erforderlichkeit“. Außerdem sei der Eingriff unbedenklich, weil nur die Bruttoentgelte angegeben seien, nicht dagegen eventuelle Pfändungen oder steuerliche Abzüge.