LAG Köln: Wegen Quarantäne im Urlaub besteht kein Anspruch auf Nachgewährung

Wenn Arbeitnehmer im Urlaub krank werden, können sie die entgangenen Urlaubstage nachholen (§ 9 Bundesurlaubsgesetz/BUrlG). Dies gilt allerdings nur, wenn sie ein ärztliches Attest beibringen. Bei behördlicher Anordnung der Quarantäne oder bei einer Erkrankung ohne bescheinigte Arbeitsunfähigkeit besteht dagegen kein Anspruch auf Nachgewährung, so entschied das LAG Köln.

Sachverhalt:

Eine Mitarbeiterin nahm vom 30.11. bis 12.12.2020 Urlaub und musste sich am 01.12.2020 als Kontaktperson ihres mit Corona infizierten Kindes in Quarantäne begeben. Die Isolation endete am 07.12.2020. Daraufhin verlangte sie von ihrem Arbeitgeber die Nachgewährung von fünf Urlaubstagen. Nach ihren Angaben war auch sie am 01.12.2022 positiv auf Corona getestet worden, bei ihr wurden jedoch keine Symptome festgestellt und sie erhielt keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Die Mitarbeiterin war der Ansicht, § 9 BUrlG müsse analog auch auf eine Quarantäneanordnung anwendbar sein, denn wegen der hohen Ansteckungsgefahr habe der Arbeitgeber kein Interesse an der Arbeitsleistung. Das Arbeitsgericht Bonn wies ihre Klage ab. Es führte zur Begründung aus, dass § 9 BUrlG eng auszulegen sei und ausdrücklich Arbeitsunfähigkeit voraussetze. Die Vorschrift erfasse weder eine Quarantäneanordnung noch eine Erkrankung, die nicht ärztlich attestiert wurde. Das LAG Köln schloss sich dieser Auffassung im Berufungsverfahren an (Urteil vom 13.12.2021, Az.: 2 Sa 488/21).

Quarantäne und positiver Test ersetzen keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Nach Ansicht des Senats unterscheidet das Arbeitsrecht aus guten Gründen zwischen Arbeitsunfähigkeit und Krankheit. Es sollen nur diejenigen Urlaubstage nachgewährt werden, an denen ein Mitarbeiter arbeitsunfähig erkrankt war. Die Klägerin, die keine Symptome aufwies, war jedoch nicht arbeitsunfähig. Sie hätte während der Quarantäne zum Beispiel aus dem Homeoffice arbeiten können, sofern sie sich nicht im Urlaub befunden hätte.
Eine analoge Anwendung des § 9 BUrlG hält das Gericht nicht für geboten. Denn es liege weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein vergleichbarer Sachverhalt vor. Eine Infektion mit COVID-19 führe nicht zwangsläufig zur Arbeitsunfähigkeit. Vielmehr könne ein Virusträger symptomfrei und damit arbeitsfähig bleiben. Im Übrigen habe der Gesetzgeber klar entschieden, dass es die Aufgabe des behandelnden Arztes sei, über Arbeitsfähigkeit oder -unfähigkeit zu entscheiden. Ein behördliches Arbeitsverbot wegen Ansteckungsgefahr könne die ärztliche Expertise nicht ersetzen.

Quarantäne – muss ich im Homeoffice arbeiten?

Wenn ein Arbeitnehmer wegen des Kontakts mit einem COVID-19-Infizierten in häusliche Quarantäne geschickt wird, kann und muss er unter Umständen seine Arbeitsleistung von dort erbringen. Ob eine Arbeitspflicht besteht, hängt zum einen vom Gesundheitszustand des Betroffenen und zum anderen von der Art der geschuldeten Tätigkeit ab.

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Änderung des Infektionsschutzgesetzes: Impfauskunft für Arbeitnehmer in bestimmten Einrichtungen

Am 02. September 2021 haben die Koalition aus CDU und SPD sowie die Bundesregierung sich auf Änderungen des Infektionsschutzgesetzes geeinigt, die zwei wesentliche Komplexe regeln sollen. Zum einen soll künftig für Coronabeschränkungen nicht mehr die Zahl der Neuinfektionen, sondern die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz, also die Zahl der im Krankenhaus aufgenommenen COVID-Patienten, maßgeblich sein. Zum anderen sollen Arbeitgeber in bestimmten Bereichen ein Auskunftsrecht über den Impf- und Genesungsstatus ihrer Beschäftigten erhalten. Am 07.09.2021 hat der Entwurf den Bundestag passiert.

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LAG Köln: Ärztliche Befreiung von der Maskenpflicht kann Arbeitsunfähigkeit begründen

Wer keinen Mund-Nasen-Schutz tragen kann und dies durch ein Attest belegt, kann als arbeitsunfähig gelten, so entschied das LAG Köln. Ein Anspruch, ins Homeoffice zu wechseln, ergebe sich nicht automatisch.

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Corona-Impfung: Kann ein Arbeitgeber die Impfung von seinen Mitarbeitern verlangen?

Die ersten Deutschen sind schon gegen das Coronavirus geimpft, manche möchten gern, andere aber stehen der Impfung kritisch gegenüber. Doch müssen Impfverweigerer mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen?
Keine Impfpflicht ohne gesetzliche Grundlage
Der Gesetzgeber hat sich bewusst gegen eine Impfpflicht entschieden, deshalb können auch Arbeitgeber nicht von ihren Mitarbeitern verlangen, sich impfen zu lassen. Da keine Pflicht besteht, müssen Mitarbeiter grundsätzlich keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen fürchten, wenn sie sich der Impfung verweigern. Auch ohne Impfung ändert sich an den gegenseitigen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nichts, der Arbeitgeber bleibt zur Beschäftigung, der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung verpflichtet. Etwas anderes könnte höchstens dann gelten, wenn der Gesetzgeber doch noch eine allgemeine Impfpflicht einführen oder diese für bestimmte Arbeitsbereiche vorschreiben würde.
Ausschluss von Mitarbeitern aus Risikobereichen möglich
Da in einigen Tätigkeitsbereichen jedoch erhöhte Risiken durch eine COVID-19-Erkrankung bestehen, müssen Arbeitgeber zum Beispiel in Kliniken, Arztpraxen und an ähnlich sensiblen Arbeitsorten die Möglichkeit haben, ihre Patienten und ihre anderen Mitarbeiter zu schützen. Daraus folgt allerdings nicht das Recht, Arbeitnehmer zu Impfungen zu zwingen. In Einzelfällen kann es aber zulässig sein, wenn ein Arbeitgeber dem nicht geimpften Mitarbeiter den Zutritt zum Arbeitsbereich verweigert. Die Folge kann sein, dass dessen Gehaltsanspruch entfällt und, sofern ein nicht geimpfter Angestellter zur Ausübung seines Berufs ungeeignet sein sollte, eine personenbedingte Kündigung infrage kommt.
Muss ein Mitarbeiter die Frage nach der Impfung wahrheitsgemäß beantworten?
Ob Mitarbeiter Auskunft über ihr Impfverhalten geben müssen, ist bisher von der Rechtsprechung nicht entschieden worden und wird kontrovers diskutiert. Nach einer Ansicht fällt die Impfung einer jeden Person in ihren Privatbereich. Da Fragen über Privatangelegenheiten nicht zulässig sind, schuldet der Arbeitnehmer keine wahrheitsgemäße Antwort; ob er schweigt oder lügt, bleibt ihm überlassen. Nach einer anderen Meinung darf der Chef sich durchaus Gedanken um die Gesundheit seiner übrigen Mitarbeiter machen und nach dem Impfschutz fragen. Wenn die Frage erlaubt ist, muss aber auch die Antwort der Wahrheit entsprechen. Solange es keine gesetzlichen Vorgaben und keine richterlichen Entscheidungen gibt, bleiben diese und viele andere Fragen vorerst offen.

Bekomme ich weiter meinen Lohn, wenn ich in Quarantäne muss?

Wenn Urlaubsrückkehrer in der häuslichen Quarantäne landen, stellt sich die Frage, wer für den Verdienstausfall aufkommen muss. Glücklich können sich diejenigen schätzen, die mit Zustimmung ihres Chefs ihre Arbeit bequem aus dem Homeoffice erledigen können. Alle anderen sollten sich schon vor dem lang ersehnten Urlaub einige Gedanken machen.

Grundsatz: Verdienstausfall wird für 6 Wochen ersetzt

Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht in § 56 einen Entschädigungsanspruch für Personen vor, die entweder einem Beschäftigungsverbot oder einer Quarantänepflicht nach diesem Gesetz unterliegen und deshalb Verdienstausfall erleiden. Bei der Berechnung werden auch Sonderzahlungen, wie zum Beispiel Weihnachtsgeld, berücksichtigt. Der Arbeitgeber zahlt zunächst den Lohn weiter an den Arbeitnehmer aus und kann sich die Ausgaben seinerseits von der zuständigen Behörde erstatten lassen. Je nach Bundesland sind zumeist die Gesundheitsämter oder die Bezirksregierungen zuständig. Falls der Arbeitgeber trotz seiner Verpflichtung den Lohn nicht zahlt, kann sich der Betroffene direkt an die zuständige Stelle wenden.

Ausnahme: Arbeitnehmer hat die Quarantäne selbst verschuldet

Ebenso wie bei eigenverschuldeten Erkrankungen kann der Erstattungsanspruch aber entfallen, wenn der Arbeitnehmer die Quarantänepflicht selbst provoziert hat. Dies kommt vor allem bei Urlaubsrückkehrern in Betracht, die wissentlich in ein Risikogebiet gereist sind. Die Gerichte haben sich bisher noch kaum mit Fällen aus diesem Themenbereich befasst, sodass sich keine klaren Vorgaben aus der Rechtsprechung ableiten lassen. Grundsätzlich sollten sich Arbeitnehmer immer an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und des Auswärtigen Amtes halten. Wer in eines der als Risikogebiete eingestuften Länder aufbricht, obwohl die Einstufung bereits vor dem Antritt der Reise bestand, riskiert nicht nur seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung, sondern kann sich sogar schadenersatzpflichtig machen. Entgeht etwa dem Chef wegen des Ausfalls seines Mitarbeiters ein lukrativer Auftrag, kann er diesen in Regress nehmen. Befindet sich dagegen der Reisende schon im Zielgebiet und wird das Land erst dann in die Liste aufgenommen, trifft den Urlauber regelmäßig keine Schuld. Urlaubswillige müssen also direkt vor dem Abflug noch einmal aktuelle Informationen einholen und im Zweifelsfall lieber zu Hause bleiben.