Rechner hochfahren gehört schon zur Arbeit

Handwerker auf der Baustelle benötigen Zeit, um sich für die Arbeitsaufnahme zu rüsten. Sie müssen Material und Arbeitsgeräte zum konkreten Einsatzort schaffen und dort möglicherweise auch noch eine Leiter anlegen oder eine Bühne aufstellen. Die Zeit, die der Handwerker für solche Vorbereitungstätigkeiten benötigt, wird als Rüstzeit bezeichnet und ist inzwischen allgemein als Arbeitszeit anerkannt. Die Tätigkeiten der Bauarbeiter dienen allein dem Interesse des Arbeitgebers. Sie selbst haben kein eigenes Interesse daran.

Arbeitszeit wird durch § 2 Absatz 1 ArbZG klar definiert. Sie liegt zwischen Arbeitsbeginn und Arbeitsende. Arbeit beginnt, wenn eigene Interessen denen des Arbeitgebers untergeordnet werden. Die Interessenfrage wird dann interessant, wenn Dienstkräfte, die während der Arbeitszeit eine Uniform oder Spezialausrüstung tragen müssen, in ziviler Kleidung zum Dienstbeginn erscheinen (eigenes Interesse) und sich während der Arbeitszeit umziehen wollen.

Arbeitsgericht Magdeburg gesteht PC-Mitarbeitern Rüstzeit zu

Auch bei Arbeitnehmern an einem Computer-Arbeitsplatz sind zum Beginn der Arbeit einige Vorarbeiten notwendig. Die wenigsten Beschäftigten machen sich allerdings Gedanken darüber, dass auch Büroangestellte oder Call-Center-Mitarbeiter eine vom Arbeitgeber bezahlte Rüstzeit geltend machen könnten. Es handelt sich an jedem Arbeitstag nur um Minuten, die allerdings im Laufe von Monaten zu ernstzunehmenden Zeiten anwachsen. Das Arbeitsgericht Magdeburg hat in einem am 26.10.2016 zum Aktenzeichen 3 Ca 3220/15 verkündeten Urteil entschieden, dass die für das Hochfahren von Computern und Starten von Computerprogrammen benötigte Zeit als Arbeitszeit zu bewerten ist. Der Arbeitgeber muss also einem am PC beschäftigten Mitarbeiter die Zeit bezahlen, die dieser dazu braucht, den Rechner hochzufahren und für die Arbeit benötigte Programme zu starten.

Vorbereitung des PC muss zügig und zeitsparend durchgeführt werden

Das Arbeitsgericht Magdeburg hatte über den Zahlungsanspruch eines Call-Center-Mitarbeiters zu entscheiden, der auf Weisung seines Arbeitgebers mehrere Programmkomponenten öffnen musste, die jeweils durch Passworte geschützt waren. Dafür brauchte er etwa 9 Minuten Zeit. Den ursprünglich behaupteten Zeitaufwand von 12 Minuten konnte der Arbeitnehmer nicht nachweisen. Allerdings folgte das Arbeitsgericht seinem Vortrag, dass die Vorbereitungsarbeiten am Computer für die Arbeitsaufnahme erforderlich sind und dass die einzelnen Schritte nicht dem Arbeitnehmer, sondern dem Arbeitgeber, der sie angeordnet hat, dienen. Damit sind diese ersten Minuten des Arbeitstages als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes zu bewerten.

Falls der Arbeitgeber durch Betriebsvereinbarung bestimmen will, dass die Arbeitszeit erst nach dem Hochfahren und Einrichten des Computers beginnen soll, muss er die Mitbestimmungsrechte von Betriebsrat oder Personalvertretung beachten. Der Arbeitnehmer ist dazu verpflichtet, die notwendigen Rüsttätigkeiten zügig vorzunehmen. Deshalb haben die Arbeitsrichter in Magdeburg dem klagenden Call-Center-Mitarbeiter keine 12 Minuten täglich für das Hochfahren und die notwendigen Anmeldungen am PC zugebilligt, sondern lediglich 9 Minuten.